Noch ein Blog?

karoline-stiefel.de? Warum das denn? Das hängt mit der Landtagswahl in Bayern dieses Jahr zusammen. Und meinem Platz auf der Mittelfrankenliste für die Piraten.

Ich bin der Meinung, dass mein politisches Ich sich nicht von meinem restlichen Ich trennen lässt, wie auch, ich kann mich da ja nicht aufspalten. Für was ich mich begeistere, was mich stört, wie ich die Welt und das was darin passiert sehe, was ich daran gerne ändern möchte, das macht mich aus, in aller Gänze und nicht nur irgendeinen Teil von mir.

Also, wieso dann noch ein Blog? Weil ich denke, dass sich während und vor den Wahlen Menschen über mich informieren wollen, wen sie denn da ankreuzen können, und was denn da für Menschen für die Piraten antreten. Ich will ihnen das möglichst einfach machen, und deshalb sammle ich bis zu den Wahlen alles Politische, ein paar Kurzinfos über mich und Infos zu den Wahlen selbst einfach dort, auf karoline-stiefel.de. Dann müssen sich diese informationssuchenden Menschen nicht erst durch belanglosen Kram wühlen, wenn sie nur zu meiner ‘politischen’ Person etwas suchen.

Ich denke, ich werde Posts dann einfach crossposten, sie sind weiterhin Teil vom Regenbogenstrudel (sind ja auch meine Gedanken), zusätzlich gibt es hier dann aber noch die üblichen Verrücktheiten.

So der Plan.

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Ich melde mich zurück aus den Abschlussprüfungen

Nur eine kurze Durchsage.

Meine Abschlussprüfungen liegen nun allesamt hinter mir, ich bin eine fertige Magistra! M.A. darf ich mich jetzt nennen, Magister Artium.

Nachdem ich jetzt wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann, sollte auch wieder Leben in den Blog kommen. Wohoo!

Ende der Durchsage.

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Nur mal so: Es gibt nicht DEN Feminismus

Ja. Wirklich. Es gibt nicht DEN Feminismus und DIE EINE feministische Theorie. Es gibt ‘nur’ zig mehr oder weniger kohärente Strömungen, Unterarten, Bewegungen.

Nur um das zu erwähnen, da an philolzophys “Observations on Internet Feminism” leider doch einiges dran ist:

1. Everyone claims to be a feminist

2. Everyone claims to have a more accurate understanding of feminism than the other person

3. Everyone calls the other person out for not understanding feminism in ‘the right way’ which really just means they don’t have the same understanding of feminism.

(…)

5. Conversations (shockingly) don’t lead anywhere but with people getting pissed off at each other.

Um das mal zu unterfüttern, hier mal eine Liste (Auswahl):

  • Marxistischer Feminismus
  • Radikaler Feminismus
  • Dekonstruktiver/Poststrukturalistischer Feminismus
  • Lacansche Feminismus
  • Postfeminismus
  • Post-Postfeminismus
  • first/second/third-wave feminism
  • Lesbischer Feminismus
  • Postkolonialer Feminismus
  • black feminism
  • Dritte-Welt-Feminismus
  • lipstick feminism
  • Postmoderner Feminismus
  • Cyberfeminismus
  • humanist feminism
  • sex-positive feminism
  • Konservativer Feminismus
  • libertarian feminism
  • Seperatistischer Feminismus
  • ecofeminism
  • anarcha-feminism
Die Liste ließe sich sicher fortsetzen, einige hängen eng zusammen, andere weisen deutliche Unterschiede auf (ich behaupte übrigens ganz sicher nicht, dass ich mich in allen auskenne).
Oft werden all diese Strömungen wild durcheinandergeworfen und dann DER Feminismus mit Hilfe von 140 Zeichen langen Binsenweisheiten auf eine simplifizierende Pseudodefinition eingekocht, wie “Guess what, you’re a feminist when you believe that one half of humanity is equal to the other half”. Ich selbst bin zum Beispiel in der postrukturalistischen/dekonstruktiven Ecke verortet (der Queer Theory, vor allem Butler und Sedgwick), und da teilt man schon seit über 20 Jahren die Menschheit nicht mehr in zwei Hälften, da ‘Mann’ und ‘Frau’, ‘sex’ und ‘gender’ als diskursive, kulturell konstruierte Kategorien angesehen werden, die sich eben nicht strikt binär aufteilen lassen. Ich untermale das mal mit einem Bild:
Sex, it's like, totes binary....

So.

Bevor sich also mal wieder jemand drüber streitet, wer jetzt den Feminismus ‘richtiger’ verstanden hat, stellt doch erst einmal sicher, dass ihr von denselben Dingen redet.

 

Ich denke, das würde weniger Zeitverschwendung und weniger Streit, aber dafür wesentlich konstruktivere Diskussionen ergeben.

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Toleranz fordern ist nicht schwer, selber sein dagegen sehr…

Das hier ist eine kurze Denkanregung an alle Menschen, welche permanent die Weltanschauung anderer Menschen herabwürdigen und sich ausgeprägt ‘missionarisch’ dabei verhalten.

Und damit meine ich jetzt ausnahmsweise nicht religiöse Missionare. Sondern die anti-religiöse Sorte. Die, die ununterbrochen böswilligst über den Glauben anderer Menschen herzieht.

Natürlich soll man Religionen kritisieren können, und sich über sie lustig machen können, und witzige Bildchen posten. Vor allem, wenn (Grund-)Rechte Dritter im Spiel sind. Wenn im Namen der ‘Religion’ menschenverachtende Dinge geschehen. Wenn es um Institutionen geht, die eher Macht und Geld als Glauben im Sinn haben. Ich bin auch für eine strikte Trennung von Staat und Religion. Religiöser Glaube ist meiner Meinung nach Privatsache. Aber muss man deshalb dauernd Menschen beleidigen, für das, was sie privat glauben?

Ja, Religionsfreiheit heißt natürlich auch, dass man unbehelligt frei von Religion sein kann. Es heißt aber nicht, dass ich jeden, der an einen Gott glaubt, deshalb total fertig machen muss. Es heißt nicht, dass man den eigenen Nicht-Glauben dauernd versucht, anderen aufzuzwingen, mit einem Hass und einer Missionarswut, die definitiv nicht ins 21. Jahrhundert gehören.

Wie wäre es denn, wenn alle mal wirklich so tolerant sind, wie sie es immer glauben zu sein und von anderen fordern? Lasst doch informierte, erwachsene, mündige Menschen auch glauben, wenn sie wollen, was sie wollen, auch wenn ihr es selbst total irrational/altmodisch/mittelalterlich/unwissenschaftlich findet (oben genannte Einschränkungen nochmal betont).

Es ist wie bereits gesagt nicht die Kritik an sich, die ich verstörend finde, sondern die respektlose, menschenverachtende, feindselige Art, wie das passiert. Wie Menschen so beleidigt werden, dass sie sich gar nicht mehr trauen zu sagen, dass sie irgendwie, ganz privat, an Gott glauben.

Wie war das mit Freiheit statt Angst?

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Ein Wasserrohrbruch oder das Problem mit der Quote

Vorneweg: Das ist meine persönliche Meinung. Andere haben andere Meinungen dazu, ich respektiere das, und wünsche mir im Gegenzug einen respektvollen Umgang miteinander.

Ein Versprechen: Es kommt nur einmal das Wort “Kompetenz” vor, und das ist in diesem Satz. So, das wars auch schon, hat nur kurz gepiekst, schon vorbei. Kommt nicht wieder vor.

Also. Wir kennen das ja. Kaum kommt eine Quotendiskussion auf, schaltet die Hälfte der beteiligten Menschen gleich mal ab. Da sind die einen, sagen hü, da sind die anderen, sagen hott, und dann wird gezofft, ohne Rücksicht auf Verluste, und der Rest hat einfach das ewige Gezanke satt, das mit gegenseitigem Respekt schon lange nichts mehr zu tun hat.

Ich sage jetzt: Ja, natürlich gibt es strukturelle Benachteiligung. Und zwar jede Menge. Nicht nur von Frauen, sondern auch, meist in kleinerer Zahl, aber nicht weniger wichtig, von Menschen mit Migrationshintergrund, Nicht-Weißen, alten Menschen, Behinderten, psychisch Kranken, Vollschlanken, nicht dem normativen Schönheitsideal Entsprechenden, Nicht-Heterosexuellen, Weder-Männer-noch-Frauen, oder oder oder.

So. Und was ist jetzt das eigentliche Problem? Die strukturelle Benachteiligung. Wieso machen wir uns nicht Gedanken, was man an diesem grundsätzlichen Problem verändern kann? Weil es nicht so einfach ist. Weil es kompliziert ist. Weil man da viel Mühe und Arbeit reinstecken müsste, und es immer noch eine ganze Zeit dauern würde, bis sich etwas verändert.

Wie viel einfacher ist es, da nach einer Quote zu verlangen. Natürlich, vielfach mit schlechtem Gewissen, weil es wäre ja nur ein (schlechtes) Instrument, aber es ginge halt nicht anders. Ich werde jetzt mal polemisch: Dann sitzt also der Quoten-Behinderte abgeschoben in einem Büro einer Firma, aber ist er deshalb vollwertig in die Gesellschaft integriert? Oder ist es nur eine leere Selbstversicherung, eine halbgare Beschönigung, man hat doch die Quote erfüllt, es wäre doch alles in Ordnung so? Müsste man da nicht viel tiefer ansetzen? Zum Beispiel dafür sorgen, dass behinderte Kinder schonmal nicht auf eine extra Schule abgeschoben werden, sondern alle zusammen lernen, mit der ganzen Diversität von Menschen, die es so gibt? Hat es wirklich eine so wahnsinnige Auswirkung auf den großen Rest der Gesellschaft, wenn in irgendeinem winzigen abgehobenen Vorstand einer Firma mal nicht nur Männer sitzen?

Achtung, jetzt kommt auch noch eine Metapher, wie immer mit Vorsicht zu genießen:

Da ist ein Wasserrohr. Es hat unzählige Löcher, schon halb durchgerostet. Leckt vorne und hinten. Eigentlich müsste man das ganze Rohr rausnehmen, vorher das Wasser abdrehen, die Wand aufreißen, oder besser das ganze Haus mit weg, die Straße wegbaggern, und das ganze verdammte System neu bauen. Das ist aber ziemlich viel Aufwand. Die Quote hört sich für mich an wie: “Pappen wir doch mal auf das Loch am Rohr ein Stück Klebeband. Und auf das andere Loch da auch. Und das da.”

Das ist für mich das Problem mit der Quote.

Und wenn wir die ganze Zeit und Mühe und Emotion und Eifer, den wir jedesmal bei irgendeiner Wahl alleine auf Twitter und diversen Blogs in das Gezanke um die Quote investieren, stattdessen in ernsthafte Diskussionen gesteckt hätten, wie man das Problem an der Wurzel packt – die Zeit wäre auf jeden Fall sinnvoller genutzt gewesen. Vielleicht wären uns da schon ein paar gute Maßnahmen eingefallen, die ganz sicher mühsamer als eine Quotenforderung wären – aber dafür nicht nur Kosmetik sind, die das Problem dahinter munter weiterbrodeln lässt.

Also ich will kein Klebeband. Ich will ein neues Rohr.

 

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Ich probier das mal mit dem Grundgesetz.

Ich bin ja kein Jurist oder sowas. Und vielleicht unterliege ich ja dem Dunning-Kruger-Effekt und überschätze mich selbst maßlos. Aber ich kann a) lesen und b) sind jetzt gerade die ersten 22 Paragraphen im Grundgesetz nicht so kompliziert formuliert (§22 “Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold”). Deshalb probier ich es mal.

Da steht also unter §2 (2):

“Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.”

Das ist doch eigentlich ziemlich klar formuliert.

Meiner bescheidenen Meinung nach würde sowohl das ‘Zwangsangleichen’ der Geschlechtsorgane intersexueller Babys genauso wie Beschneidungen von Babypenissen oder auch das Ohrlochstechen bei kleinen Kindern demnach gegen diesen Paragraphen im Grundgesetz verstoßen, sofern es keine medizinische Indikation gibt (und die gibt es in den meisten Fällen nicht – medizinische Notwendigkeit hinge dann ja auch wieder mit dem Recht auf Leben im selben Paragraphen zusammen).

Eine Dissertation, die 2010 mit dem Deutschen Studienpreis geehrt wurde, kam übrigens bei den sogenannten “geschlechtszuweisenden Operationen” zum selben Schluss: Diese verstoßen gegen das Grundgesetz und müssten “umgehend verboten werden”. Ich verstehe allerdings immer noch nicht, was es an dem Paragraphen überhaupt nicht zu verstehen gibt.

Übliche Praktiken wie das “Bougieren”, sprich, Aufdehnen einer Neo-Vagina bei Babys und Kleinkindern, sind doch Folter und Kindesmisshandlung:

Die Theorie, man könne Geschlecht medizinisch festlegen, führt heute noch vor allem zu genitalangleichenden Operationen. Dazu gehören die Anlage einer Neovagina im Kleinkindalter, die Beschneidung des Genitals auf eine eindeutige, meist weibliche Größe (insbesondere Klitorisverkleinerung) oder die Kastration, letztere in der Regel mit anschließender contra-chromosomaler Hormonersatztherapie.

Die Behauptung, man könne das Geschlecht eines Menschen durch medizinische Eingriffe festlegen, führt, abgesehen von der kurzfristigen Schmerzhaftigkeit dieser Eingriffe, auch mittel- und langfristig zu physischen und psychischen Komplikationen und dauerhaften Schäden. Viele intersexuelle Menschen tragen aufgrund der schmerzhaften Eingriffe körperliche Schäden davon– etwa wenn sie aufgrund einer Verkleinerung die Sensibilität der Klitoris verlieren, wenn vernarbte Stellen bei sexueller Erregung zu Schmerzen führen oder wenn schon bei Kleinkindern die angelegte Neovagina – zum Teil bis ins hohe Alter – bougiert werden muss. (…)

Erschwerend kommt die bisherige Praxis hinzu, derzufolge die Betroffenen und deren Angehörige nicht über das chromosomale Geschlecht informiert wurden; dadurch werden den Betroffenen vielfach die Unterlagen (Aufbewahrungzeit 30 Jahre) vorenthalten. (…) Zu den psychischen Schäden gehören starke Traumatisierungen durch die Operationen und ihre Folgen. (…)

Intersexuelle Aktivisten kritisieren aus diesen Gründen die Zwangsfestlegung insbesondere im Kindesalter und fordern, die Genitaloperationen erst dann durchzuführen, wenn der intersexuelle Mensch die Operation aus eigenem Willen möchte und ihr zustimmen kann. Einige Aktivisten setzen chirurgische Anpassungen im Kindesalter mit der (von den Aktivisten abgelehnten) Beschneidung weiblicher Genitalien gleich.

Wikipedia: Intersexualität

Also wenn das kein Unrecht ist, was dann?

So. Will nun irgendeine Religion aus irgendeinem Grund mit einem irgendwie gearteten Eingriff  in einen Baby- oder Kinderkörper ebenfalls in dieses Grundrecht eingreifen, wird sich ja gerne auf den §4 des Grundgesetzes berufen, der da lautet:

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

Das soll ja auch so sein. Meines Empfindens nach gehört aber die Religionsausübung ebenfalls zum bisher noch nicht zur Sprache gekommenen ersten Teil des §2 (1):

Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Da würde ich gerne den Fokus auf “sofern er nicht die Rechte anderer verletzt” lenken. Glaubens- und Gewissensfreiheit (§4) ist richtig und wichtig, gehört für mich aber auch zu den persönlichen Freiheitsrechten (§2). Und ist damit kein Freibrief auf die Verletzung der (Grund-) Rechte dritter – wozu eben auch in meinen Augen das Recht auf körperliche Unversehrtheit gehört, und damit ein Schutz vor dem unnötigen Abschneiden, Durchbohren oder Aufdehnen von Körperteilen von Kindern und Babys.

Vielleicht habe ich aber auch einfach alles total missverstanden was da im Grundgesetz steht.

Auch möglich.

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Schuhe aus den Hufen von Kühen sind…

…ja was sind sie denn? Grund großer Aufregung. Wie schon der Orvillecopter.

“Oh nein, das ist doch abartig/krank/widerlich/eklig/satanistisch!” “Die armen Tiere!”

Öhm. Da regen sich also Leute auf, die Kühe essen (größtenteils, die Veganer/Vegetarier sind sicher die Minderheit unter denen, die am lautesten schreien), was ja auch die Todesursache der besagten Kühe ist, aber wenn jemand wie die Berliner Künstlerin Iris Schieferstein die ‘Abfälle’ wie die Hufe verwertet der ohnehin schon toten Tiere, dann ist das also abartig?

Das will mir nicht eingehen. Für die Hufschuhe oder Taubenhüte wird im Gegensatz zur industriellen Massentierhaltung keinem lebenden Tierchen ein Haar gekrümmt. Menschen züchten unter ‘menschen’unwürdigen Bedingungen alle möglichen Tiere zum Verzehr, sie tragen Krokodilleder, machen Klaviertasten aus Elefantenzähnen, und gegen Pelze als Modeacessoire jeglicher Art regt sich auch kein großer Widerstand mehr. Die oben genannte Künstlerin (und auch der Macher des Orvillecopters) dagegen nehmen nur Körper(teile) von ohnehin schon toten Tieren.

Wieso also die Entrüstung? Leder ist ok, Hufe nicht? Wieso genau? Als Armbanduhr oder Handtasche ist es ok, als Schuh nicht? Und inwiefern ist jetzt eine Handtasche oder eine Armbanduhr (für die Tiere ja extra gezüchtet werden) nützlicher oder legitimer als ein Spielzeughelikopter aus einer Katze? Wieso sind Ausstellungen von besonders schön ausgestopften Tieren ok, aber eine ohnehin verendete Taube als Hut nicht? Inwiefern ist es für einen toten Hasen von Bedeutung, ob er zu einem Kleidungsstück wird oder langsam an der Autobahn verrottet?

Ich verstehe es nicht. Und wenn man Tiere schützen will, wieso richtet sich dann die Entrüstung nicht gegen die Fleischesser, wegen denen die Tiere beim Schlachter landen, und stattdessen gegen diejenige, die die Abfälle abholt und verarbeitet, die dabei anfallen?

Für mich ist diese gekünstelte Empörung einfach nur heuchlerisch. Da können ein paar laut aufschreien und zeigen, was sie doch für tolle Tierliebhaber sind, während sie sich die 2-Euro-Billighendlbrust vom Aldi reinziehen.

Und nein, ich habe auch keine weiße Weste, auch wenn ich kein Fleisch im Supermarkt kaufe, sondern beim Bio-Metzger. Aber zumindest rege ich mich nicht über Hufschuhe oder Taubenhüte auf.

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Quo Vadis LQFB?

Ich bin kein Liquid Feedback-Experte. Ich bin auch kein alter Hase, was Piratentools angeht. Höchstwahrscheinlich habe ich auch einfach noch nicht überall den Durchblick, vielleicht ist die Problematik, wie sie mir in meinem persönlichem Piratendasein erscheint, am Ende gar keine, oder schon gelöst, dann helft mir doch bitte, klärt mich auf und kommentiert das Ganze. Ich schließe nicht aus, dass alles meinem eigenen Unwissen geschuldet ist.

Aber: Vielleicht habe ich auch als jemand, der gerade nicht seit Anbeginn der Zeiten dabei ist, mal eine ‘Außen(seiter)sicht’ auf die Dinge anzubieten. Ich möchte hier einfach mal ein paar Gedankenexperimente durchführen. Und fragen, wohin sich LQFB unserer Meinung nach hin entwickeln soll, mit allen Konsequenzen, gerade angesichts der Distanzierung der Entwickler von der Verwendung innerhalb der Piratenpartei. Ich möchte außerdem etwas Licht in das Paradoxon „Real Life: Waah Delegierte sind voll scheiße“ und „Online: Waah nehmt uns ja nicht unsere Delegationen weg“ bringen, das auf LQFB-Neulinge oft etwas befremdlich wirkt.

Wir sind uns in Bayern zumindest in einem Punkt alle einig: LQFB erst einmal einführen, in welcher Form auch immer. Das ist gut so. Ist das schließlich überall passiert, sollten wir uns aber meiner Meinung nach (nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundesebene) als allererstes der Frage stellen und uns darauf einigen, was aus LQFB denn am Ende werden soll. Denn – verbessert mich, wenn es nicht so ist – die einen sehen es zum Beispiel als Meinungsbildungstool, die anderen als mögliches Abstimmungstool.

Das sehe ich von dem her als Problem, dass es derzeit ein Mischmasch aus allen möglichen, aber eigentlich getrennt zu betrachtenden Dingen ist, was bei Diskussionen zwingerweise zu Meinungsverschiedenheiten führt, denn für den einen mag LQFB etwas anderes bedeuten (oder soll sich zu etwas anderem entwickeln) als für den anderen.

Ich merke nochmal an, das ist alles nur hypothetisch, ich versuche nur mal unterschiedliche Variationen bis ins Extrem durchzudenken, um manche Problematiken offenzulegen, ohne dabei eine Wertung abzugeben!

Also, LQFB vereint im Moment drei Funktionen, die man eigentlich einmal getrennt voneinander betrachten sollte: a) Meinungsbildungstool bzw. Antragsbildungs-/-diskussionstool, b) Vorschautool für Abstimmungsergebnisse über Anträge auf Parteitagen und c) Abstimmungstool.

So, fangen wir mal mit a) an, das wirft – zu Ende gedacht – nicht so viele offene Fragen auf. Sollte sich (rein hypothetisch!) also eine Mehrheit dafür aussprechen, dass Abstimmungen im LQFB keine Beschlusslage haben sollten (aus welchen Gründen auch immer, das Wahlcomputer-Problem wäre ein möglicher Grund, oder die mögliche, datenschutzwidrige Zuordnung von Beiträgen und Abstimmungsverhalten zu einer Person), dann würde daraus schlicht und ergreifend ein Tool, das einem helfen würde, sich zu einzelnen Themen zu informieren, Anträge einzureichen, diese zu diskutieren, zu modifizieren – eine Art Antragsfabrik. Hierzu wären dann eigentlich Delegationen nicht zwingend nötig, da es ja gar nicht um die Abstimmung geht, sondern die Meinungsbildung. Hierzu würde eventuell die Präferenzdelegation mit Schulze passen, die ja vielmehr eine Meinungsempfehlung von Seiten der gewünschten Delegierten ist, als eine Stimmenübertragung. Damit könnte man sich zu den Themen, zu denen man sich eine Meinung bilden will, eben einfach anschauen, wie die jeweiligen Delegierten so abstimmen, was sie einem empfehlen, es geht aber hierbei gar nicht um das Ergebnis einer Abstimmung, sondern um den Prozess der persönlichen, politischen Meinungsfindung sowie um eine Mitgestaltungsmöglichkeit von Anträgen.

Dann b): Hier stünde dann die Frage im Vordergrund, wie man am ehesten testen kann, wie ein Antrag auf einem Parteitag abschneiden würde. Das ist ja für die Antragsreihenfolge auf Parteitagen derzeit insofern interessant, da man die Anträge, denen eindeutig zugestimmt wird, am Anfang der Tagesordnung abhandeln und damit schnell und effektiv viele Anträge verabschieden kann. Es würde daraus folgen, dass man ja eigentlich das Stimmverhalten auf Parteitagen simulieren will. In letzter Konsequenz (wie gesagt, rein hypothetisch) müssten dann eigentlich tendenziell diejenigen im LQFB abstimmen, die vorhaben, auf den nächsten Parteitag zu fahren, und zwar ohne Delegationen, da es diese auf Parteitagen ja auch nicht gibt. Das ist natürlich von dem her fragwürdig, da das LQFB ja eigentlich über das Internet eine Teilhabe ermöglichen soll, die ja gerade unabhängig davon sein soll, ob man das Geld/die Zeit/die Möglichkeit hat, auf den nächsten Parteitag zu fahren. Deshalb müsste man sowohl bei a) und b) eigentlich am Konzept der dezentralen Parteitage arbeiten, um dann eben auf diese Weise mehr Menschen eine Teilhabe an Beschlüssen zu ermöglichen.

Am interessantesten wird es eigentlich bei c): Angenommen, das Wahlcomputerproblem lässt sich irgendwie lösen sowie die Möglichkeit des Schutzes der Privatsphäre könnte irgendwie garantiert werden. Wenn sich nun eine Mehrheit für LQFB als verbindliches Abstimmungstool aussprechen würde (das ist ja meines Wissens nach im LV Mecklenburg-Vorpommern bereits der Fall), dann würde aus LQFB eine ständige Mitgliederversammlung, die eine Teilhabe abseits von Parteitagen ermöglicht, und womit man auch Anträge wesentlich schneller verabschieden könnte als erst auf dem nächsten Parteitag.

Denkt man das Ganze mal bis zum Ende durch, würden auf Parteitagen vielleicht nur noch Personenwahlen stattfinden, wobei es in letzter Konsequenz (!) gar keine Parteitage mehr geben könnte. Denn: Sind LQFB-Beschlüsse verbindlich, dann müsste ja irgendwie eine Vergleichbarkeit der Beschlüsse auf Parteitagen mit Beschlüssen im LQFB vorliegen. Das ist aber weder ohne noch mit Delegiertensystem (in welcher Form auch immer) der Fall: Ohne bekommt man desselbe Problem wie bei b), und mit Delegiertensystem müsste man konsequenterweise dann ja auch auf Parteitagen dieselben Delegationen abbilden wie im LQFB. Das wäre aber absolut unpraktikabel und würde wahrscheinlich jeglicher Nachvollziehbarkeit entbehren, da müsste dann auf jeder JA/NEIN-Karte auch die Anzahl der Stimmen stehen, die ein ‚Delegierter’ auf sich vereinigt. Man könnte höchstens einen Parteitag abhalten, und in einer Art Live-LQFB (Abstimmung findet in einem gewissen Zeitraum während des Parteitages statt) allen die Möglichkeit geben, online abzustimmen, egal ob sie auf dem Parteitag sind oder nicht, dann bräuchte es gar keine JA/NEIN-Karten mehr.

Beschlüsse würden dann also verbindlich und ausschließlich im LQFB gefällt. Hier könnte man sich überlegen, ob man pro Antrag an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit eine Online-Diskussion zum Beispiel über Mumble abhält, bei denen der Antragsteller wie bei Parteitagen den Antrag vorstellt, danach können Interessierte Fragen stellen. Schaut man sich nämlich an, wie sehr sich manchmal das Abstimmungsverhalten vor (durch ein Meinungsbild) im Gegensatz zu nach den Redebeiträgen (also der Beschluss an sich) auf Parteitagen ändert, nämlich manchmal von fast ausschließlich JA zu fast ausschließlich NEIN oder umgekehrt, so scheint dieser persönlichen Diskussion durchaus eine wichtige Rolle in der Meinungsfindung zuzukommen, die es irgendwie zu kompensieren gälte, würden Anträge nur noch online abgestimmt.

Behält man das Delegationssystem in LQFB, so hat man eigentlich eine Art repräsentatives System, da Delegierte ja andere repräsentieren, die ihnen ihr Stimme delegiert haben, mit dem Unterschied zum ‚normalen’ repräsentativen System, dass man seinem Delegierten jederzeit die Stimme entziehen und woanders hin delegieren kann (daher auch das vermeintliche Paradox, das aber gar keines ist). Hier hätte man eventuell (je nach Delegationssystem) das Problem, dass besonders bekannte Menschen, die bereits viele Stimmen auf sich vereinen, immer mehr anhäufen, so dass man sich eventuell nur noch aufgrund der Anzahl der Delegationen denken könnte „Passd scho, Person xyz hat viele Stimmen, die muss gut sein,“ ohne noch darüber nachzudenken ob das wirklich der Fall ist. Das mag vielleicht derzeit nicht so sein, falls aber einmal wirklich alle LQFB nutzen würden statt nur ein paar Prozent (da man dann mit seiner Stimme ja wirklich etwas beschließen könnte, ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass sich dann wesentlich mehr Leute anmelden), dann macht vielleicht auch die stille Masse mit, die man auch nie auf Stammtischen o.ä. sieht, bei denen eventuell die Gefahr besteht, dass sie einmal ins LQFB gucken, ihre Stimme abdelegieren, und dann nie wieder reinschauen, was mit ihrer Stimme gemacht wird. Dann fiele ja auch der Vorteil weg, dass man seine Stimme jederzeit einem Delegierten entziehen kann. Würde man solchen Karteileichen vorbeugen wollen, müsste man vielleicht wieder eine aktive Zustimmung zu jeder Delegation einführen, oder eine Bestätigung der ausgehenden Delegationen jeden Monat mit einer Zusammenfassung, was im letzten Monat mit der eigenen Stimme passiert ist – bestätigt man nicht aktiv, verfallen die Delegationen, bis man sie wieder für einen Monat erneuert (etwas simpleres, aber ähnliches – Aussetzen bei Inaktivität – wurde 2011 schon diskutiert).

Wieso der ganze Aufwand, das alles einmal durchzudenken? Weil ich finde, bevor wir nochmal wertvolle Stunden von einem Parteitag darauf verwenden, zu diskutieren, wie zum Beispiel das Delegiertensystem in LQFB im Detail aussehen soll, sollten wir uns doch erst einmal einigen, wo es damit hingehen soll. Denn jemand, der es als Meinungsfindungstool haben will, wird sicher andere Ansichten über Delegationen haben, als jemand der darin ein Abstimmungstool sieht. Anders gesagt: Bevor ich diskutiere, ob ich jetzt Kirschtomaten oder Fleischtomaten oder Royal Gala-Äpfel oder Granny Smiths im Garten anbauen will, sollte man doch erst mal die Frage klären, ob man am Schluss Obst oder Gemüse ernten möchte.

Der Vollständigkeit halber hier übrigens noch die Kompromisslösung aus Mecklenburg-Vorpommern, bei der nur bestimmte Dinge im LQFB beschlossen werden können:

(9) Die Ständige Mitgliederversammlung kann für den Landesverband verbindliche Stellungnahmen und Positionspapiere beschließen. Entscheidungen über die Parteiprogramme, die Satzung, die Beitragsordnung, die Schiedsgerichtsordnung, die Auflösung sowie die Verschmelzung mit anderen Parteien (§ 9 Abs. 3 Parteiengesetz) sind ausgeschlossen, insoweit kann die Ständige Mitgliederversammlung nur Empfehlungen abgeben.

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Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich…

…aber wenn es zum Beispiel nach der CSU geht, sind manche Menschen halt gleicher als andere.

Ach, wenn das nur so einfach wäre mit dem Grundgesetz. Es wäre so simpel, sich einfach darüber zu freuen, wenn zwei Menschen egal welchen Geschlechts nunmal heiraten wollen. Punkt. Es braucht auch keine ‘Homo’-Ehe, es sollte einfach nur eine Ehe geben, für alle die es wollen, für jeden, egal welchen Geschlechts, und vor allem, für alle gleich.

Mal sehen, wie sich jetzt viele in der CSU diese ungerechte Ungleichmachung schönreden.

Der frühere Parteichef Erwin Huber sagt: “Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft ist auch ein anerkanntes Rechtsinstitut, aber eben nicht das Gleiche wie die Ehe.” Deshalb dürfe “Ungleiches auch ungleich” behandelt werden. (…) Skeptisch zur steuerrechtlichen Gleichstellung äußern sich auch jüngere CSU-Politiker. Der Deggendorfer Oberbürgermeister Christian Moser unterstützt eine Partnerschaft von Mann und Frau, da die eigene Kinder in die Welt setzen könnten. (SZ)

So so. Es geht also nur um die Reproduktionsfähigkeit? Dann dürften nach der Logik von Herrn Moser ja auch keine unfruchtbaren gemischtgeschlechtlichen Paare heiraten, und auch keine Paare, die gar keine Kinder wollen, und bitteschön, den Trauschein gibt’s auch nur mit Bescheinigung der Zeugungsfähigkeit beider Partner.

Ich muss das ja nicht mehr extra ausführen, wie lachhaft solch ein Denken im Jahr 2012 ist, oder?

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Pille(n), Patente und Pharma-Konzerne – die dunkle Seite der Pille

Ich will heute mal ein paar Sachen über hormonelle Verhütungsmittel loswerden, die mir schon lange auf der Seele liegen. Über in Kauf genommene Todesfälle, weil Patente auslaufen, der Pharmaindustrie hörige Frauenärzte* und Nebenwirkungen von Hormonpräparaten, die am Ende nicht den Medikamenten (ja, die “Pille” ist ein Medikament) zugeschrieben werden, wo sie eigentlich herkommen, sondern der “Natur” der Frau, ‘weil Frauen eben so sind’. Aber erst einmal langsam.

Ich berichte aus persönlicher Erfahrung, die mich dazu gebracht hat, mich mit dem Thema ein bisschen auseinanderzusetzen. Natürlich, meine persönliche Erfahrung ist keine wissenschaftliche Studie, nicht zu verallgemeinern. Das ist schon klar. Deshalb veröffentliche ich ja auch keine Studie, sondern einen persönlichen Blogeintrag.

Ich will auch niemanden von Verhütung abhalten oder zu Verantwortungslosigkeit aufrufen, ganz im Gegenteil, jeder der will, soll hormonell verhüten – ich will nur einmal zum nachdenken anregen, dass eben auch die “Pille” gehörige Nebenwirkungen haben kann, und man damit nicht umgehen sollte als wären es Smarties – sondern als ein Medikament mit Nebenwirkungen, wie jedes andere Medikament auch.

*Disclaimer-Modus off*

Deshalb fange ich auch mit meiner Geschichte an, die sicher eine recht normale ist. Als ich als junges Mädel ein gewisses Teenageralter erreicht hatte, ging ich zum Frauenarzt*, und bekam ohne eine nennenswertes Aufklärungsgespräch die Pille verschrieben, nicht weil ich sie wirklich gebraucht hätte, sondern weil man das halt so macht in dem Alter, alle anderen machens ja auch. Aus Gewohnheit habe ich damit weitergemacht, und irgendwann, so 10 Jahre später, habe ich mir zum ersten Mal gedacht, ach, eigentlich brauche ich gerade keine Verhütungsmittel, ich höre jetzt mal auf damit. Ist ja “nur” die Pille.

Dann habe ich festgestellt, dass mir zwar erst einmal ordentlich die Haare ausfallen, ich mich aber nach einer Weile unglaublich lebendig fühlte (irgendwann normalisierte sich dann auch der Haarwuchs wieder). Ich hatte plötzlich viel mehr Lust auf Sex. Ich hatte generell wieder Spaß mit und an meinem Körper, auch allein. Und während mit der Pille psychisch-stimmungsmäßig ein gleichmäßiges, aber relativ graues Mittelmaß herrschte, gab es jetzt viele bunte Hochs. Ja, gelegentlich auch Tiefs, mal ein oder zwei Tage pro Monat, aber all das dazwischen war so viel besser als meine Einheitslaune während der Pille.

Und ich habe mich gefragt, ob ich die letzten 10 Jahre wirklich ich selbst war. Seit der Hormonapokalypse der Teenagerjahre hatte ich da die Pille genommen, wie sollte ich da auch wissen, wie ich mich einfach so fühlen würde, ohne irgendwelche Präparate, nur als ich selbst?

Na gut, ich dachte irgendwann nicht mehr so viel drüber nach, lebte pillenlos ganz glücklich vor mich hin, ging dann für eineinhalb Jahre nach Australien, verliebte mich dort, und irgendwann kam dann doch die Frage auf, ja, willst du nicht wieder die Pille nehmen. Und nein, eigentlich wollte ich nicht unbedingt, aber na gut, aber dann ließ ich mir doch von so einer Ärztin wieder etwas aufschwatzen, was ganz neues, die neueste Generation der Pillen (“Yaz” hieß sie), total super soll die sein, total schöne Haut und Haare soll man auch noch davon bekommen, gegen Stimmungsschwankungen soll es helfen, und es kam alles in einer schicken Probebox mit Heftchen und Metallbox und anderen Gimmicks.

Da fing der Ärger an. Ich fühlte mich furchtbar. Mir war dauernd heiß und kalt, ich fühlte mich gereizt und aufgequollen und dick und gleichmäßig schlecht drauf (eins stimmte: Schwankungen gabs keine mehr in meiner Stimmung), ich hatte übelste Kopfschmerzanfälle wie ich es vorher nie kannte, mir war immer wieder aus unerfindlichen Gründen übel, und ich hatte nicht mehr die geringste Lust auf Sex. Zum ersten Mal in meinem Leben bekam ich Hefepilzinfektionen, ich hatte das Gefühl diese Pillen warfen meinen kompletten Körper total aus seinem Gleichgewicht, plötzlich war ich dauernd krank mit irgendwas, als ob auch mein Immunsystem gleich mitstreikte.

Und ich hörte wieder damit auf. Und ich werde keinesfalls jemals wieder damit anfangen, mir jeden Tag irgendwelche Hormone einzuwerfen und mich einer ganzen Reihe von Nebenwirkungen auszusetzen, nur damit ich “allzeit bereit” bin, wann immer das ein Mann von mir erwartet.

Ich sag’s nochmal: Das ist eine persönliche Erfahrung. Die lässt sich nicht verallgemeinern, und hat auch keinerlei wissenschaftlich belegbare Bedeutung. Jeder Körper ist anders, andere haben damit ganz andere Erfahrungen gemacht oder überhaupt keine Probleme.

Schließlich begann ich, mal im Internet über die Pille zu recherchieren. Und hier hört es auf, einfach nur eine persönliche Geschichte zu ein.

Ich erfuhr, dass der Konzern Bayer mit seinen Drospirenon-haltigen Pillen der neuesten Generation (unter anderem Yaz und Yasmin) ein Vermögen verdient, genauer gesagt:

Die Anti-Baby-Pillen gehören zu den umsatzstärksten Präparaten der Pharmasparte. Mit den vom Zukauf Schering übernommenen Verhütungsmitteln Yaz und Yasmin setzte der Konzern 2011 weltweit immerhin 1,07 Milliarden Euro um – etwa ein Zehntel des Gesamtumsatzes im Pharmageschäft. (welt.de)

Aber nicht nur das: Wie der Titel des oben zitierten Artikels besagt (“Anti-Baby-Pille könnte Bayer Milliarden kosten”), hat Bayer schon seit Jahren eine Flut von Klagen am Hals, da diese neuen Pillen wesentlich gravierendere Nebenwirkungen haben als die der ‘alten’ Generation. Unter anderem ein doppelt so hohes Thrombose-Risiko. Dazu noch einmal ein Zitat aus einem Artikel der taz:

 

Die Fachzeitschrift arznei-telegramm riet schon bei der Markteinführung von Yasmin zur Zurückhaltung: “Bei dieser dürftigen Risikoinformation halten wir den Gebrauch von Petibelle und Yasmin für nicht begründbar.” Das Blatt machte auf die chemische Verwandtschaft des Inhaltsstoffes Drospirenon mit Spironolakton aufmerksam, dessen pharmakologische Verwendung nach Studien zum Krebsrisiko starken Auflagen unterliegt.

Ein weiterer Kritikpunkt in der neu entflammten Diskussion um Yasmin ist die Marketingstrategie von Bayer. Yasmin, so verspricht die Werbung, helfe bei Akne, unreiner Haut und Problemen mit fülligem Haar. Lieber eine Lungenembolie als die Haare nicht schön, mag da so mancher Teenager denken.

So. Und wieso macht Bayer so viel Geld damit, wieso wird da etwas neu erfunden und verschlimmbessert, wieso werden diese Pillen trotz ihrer stärkeren Nebenwirkungen so aggressiv beworben, obwohl die alten besser waren? Aha! Da kommen wieder die Patente ins Spiel. Die laufen nämlich für die Pillen früherer Generationen aus. Das würde bedeuten, weniger Geld für Bayer. Also lieber mal über Leichen gehen (denn ja, Teil der Sammelklagen drehen sich eben auch um Fälle, bei denen junge Mädchen oder Frauen gestorben sind. Allein in Deutschland “seit Zulassung des Medikaments im Jahr 2000 (…) insgesamt sieben Todesfälle”). Dazu noch etwas aus der Süddeutschen:

Als Grund dafür, dass die moderneren Pillen noch immer so häufig verschrieben werden, vermutet der Bremer Sozialwissenschaftler, der den Arzneimittelreport verfasst hat, das Auslaufen der Patente für Pillen der zweiten Generation. Damit ist in der Regel für den Hersteller ein Preisverfall verbunden.

Die noch patentgeschützten und damit für die Pharmaindustrie lukrativeren Antibabypillen der dritten und vierten Generation würden dagegen gezielt beworben und vermarktet, sagte Glaeske: “Tatsache ist, dass dieser Markt nicht zugunsten der Frauen ausfällt.”

 

Na dann, Mahlzeit. Und anstatt von seinem Frauenarzt* darüber aufgeklärt zu werden, bekommt man eine hübsche Box in die Hand gedrückt, mit freundlichen Grüßen von Bayer, hier, nehmen sie das, das ist total toll, teuer und neu. Und das ist natürlich reine Spekulation, aber wie war das nochmal mit dem Gerichtsurteil vor ein paar Monaten, Ärzte* dürfen weiterhin Geschenke von Pharmafirmen annehmen? Da wird einem echt schlecht. Sorry, aber das ist zum speim. Speiben. Sich übergeben.

So. Das ist mal das eine.

Die andere Sache die mich so wütend macht in Bezug auf die Pille hat Julia Seeliger in einer Kolumne der taz auf den Punkt gebracht.

Da geht es um die Pille für den Mann. Um Studien, die wegen Nebenwirkungen wie Depressionen, Libidoverlust und Gewichtszunahme bei den meist älteren Studienteilnehmern abgebrochen wurden. Oha. Das kommt einem doch bekannt vor, diese Nebenwirkungen. Ach ja, wie war das nochmal bei der Pille für die Frau? Hm. Also wie jetzt? Frauen dürfen diese Nebenwirkungen haben, sollen sie in Kauf nehmen, Männer aber nicht? Ich zitiere mal aus der Kolumne:

Die – meist männlichen – Wissenschaftler und Entscheider bei den Pharma-Konzernen sagen aber: “Habt euch doch nicht so” oder “Zickt nicht rum” oder “Stellt euch nicht so an”. Man(n) sieht die Pille als “gut” an. Älteren Frauen wird einfach nicht empfohlen, die Pille zu nutzen, jüngere dürfen sie sich aber gern einwerfen. Analog könnten ja, nur mal so als Idee, die jüngeren Männer es mit der Hormonspritze versuchen, die älteren, die sie nicht vertragen, können es ja lassen.

(…) Und am Ende haben wir den Salat: Verhütung mit Hormonen, aber bitte nur im Frauenkörper.

(…) Wozu braucht eine Frau eigentlich diese “Libido”? Muss eine Frau klar denken können? Und Migräne, das haben die doch eh alle – wenn sie Sex vermeiden wollen. So sind sie die Frauen, da kann man getrost massenhaft Hormone reinfülllen, sie beschweren sich schon nicht.

 

Ja, die Pille ermöglicht Freiheiten in Bezug auf Sex und ungewollte Schwangerschaften. Vor Geschlechtskrankheiten schützt sie natürlich nicht, verführt aber gleichzeitig ab und an mal eher dazu, das Kondom wegzulassen, auch wenn es nicht angebracht ist. Achtung, Polemik: Frei nach dem Motto, Geschlechtskrankheiten egal, Hauptsache nicht schwanger werden.

Abgesehen davon, was nützt mir die Freiheit Sex zu haben, wenn ich mit der Pille keine Lust mehr darauf habe? Und ist es nicht seltsam, dass diese geringere Libido der pillenehmenden Frau laut gängigem Stereotyp dann abgetan wird mit “so sind sie halt die Frauen, das liegt in deren Natur”, anstatt sie der Nebenwirkung eines Medikamentes zuzurechnen? Um diesem Stereotyp nicht zu entsprechen, mag dann manche Frau sich sagen, na gut, so recht Lust hab ich jetzt nicht, aber wenn der Mann will dann mach ich halt mit. Und wo genau kommt das dann den sexuellen Interessen der Frau zugute? Wieder aus der Kolumne:

An einer Stelle hatte Alice Schwarzer mal recht: Frauen sollen für Männer verfügbar sein, die sexuellen Bedürfnisse der Frau interessieren nicht. Die Pille habe dies verstärkt. Diese Kritik formulierte sie, als die Pille aufkam – in den 60ern. Recht hatte sie damit, dass der Pille auch antiemanzipatorisches Potenzial innewohnt.

So. Jetzt bin ich einmal etwas aufgestaute Wut losgeworden.

Und noch einmal zur Klarstellung: (Hormonell) verhüten zu können, ist wichtig, jeder der es will, soll es können.

ABER: Jede Frau, die mit Hormonen verhüten will, sollte sich bewusst sein, dass es eben keine harmlosen ‘Pillen’ sind, sondern schlicht und ergreifend Medikamente mit Nebenwirkungen und real existierenden Risiken.

Immerhin hat Bayer angekündigt, die Warnhinweise auf den Beipackzetteln zu verschärfen. Ich fände es aber auch total dufte, wenn wie in meinem Fall die Frauenärztin mir nicht ein tolles Promo-Päckchen in die Hand drückt und so dermaßen von einem Medikament schwärmt, dass man den Eindruck bekommt, sie bekommt Provision dafür. Sondern stattdessen ihren Job macht, ihrer Verantwortung als Ärztin nachkommt und ordentliche Aufklärung betreibt.

 

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